4 Temmuz 2017 Salı

Fall der Berliner Mauer - 9. November 1989


1. Wie kam es zum Fall der Mauer? Die Vorgeschichte

Die Berliner Mauer mit einer Gesamtlänge von 155 km rund um Westberlin bildete die Grenze zwischen Ost und West. Bewachung durch Grenzsoldaten, Stacheldraht, Minen und Selbstschussanlagen machten diese Grenzbefestigung nahezu unüberwindlich. Sie war das abschreckendste Symbol des Ost-West-Konfliktes. Von der einen Seite als "Friedensgrenze" und "Antifaschistischer Schutzwall" gepriesen, von der anderen Seite als "kommunistische Schandmauer" verdammt. Mehr als ein Vierteljahrhundert Symbol der Teilung Deutschlands fiel die Mauer am 9. November 1989. Dieser 9. November ist fest mit der Deutschen Einheit verknüpft, weit mehr als der eigentliche Staatsakt ein Jahr später. Er erinnert uns auch an erfolgreichen Widerstand und Bürgermut. Der Mauerfall markiert auch das Ende des Kalten Krieges.
Ende Oktober 1989 hatten sich durch die Reformpolitik des sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow nicht nur die herrschenden politischen Standpunkte der Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), sondern auch die der Medien in der DDR bereits grundlegend verändert. Die Massenflucht von DDR-Bürgerinnen und-Bürgern in den Westen, eine neue Oppositionsbewegung und Montagsdemonstrationen setzten die DDR-Regierung unter Druck. Korrespondenten berichteten 1989 offen von Demonstrationen und Kundgebungen, informierten über die Reiseregelungen und über die Wirtschaftskrise in der DDR.
Die Reformen in der Sowjetunion hatten auch große Auswirkungen auf die anderen sozialistischen Länder, besonders aber auf Polen und Ungarn.
Mit der Anerkennung der ersten freien Gewerkschaft Solidarnosc Anfang 1989 in Polen begann der Zerfall des sozialistischen Systems. Die ungarische Regierung öffnete in der Nacht zum 11. September 1989 die Grenze zu Österreich für DDR-Bürger. Zehntausende reisten in den nächsten Tagen und Wochen über Österreich in die Bundesrepublik aus. Die DDR lenkte auch im Prager Botschaftskonflikt - wohin Tausende DDR-Bürger geflüchtet waren, um ihre Ausreise zu erzwingen - auf sowjetischen Druck hin ein. In verriegelten Sonderzügen wurden einige tausend DDR-Flüchtlinge über das Territorium der DDR in die Bundesrepublik gebracht. Der Eiserne Vorhang war durchbrochen.

Im Herbst 1989 erfasst die Revolution das ganze Land. Nicht nur in Leipzig und Berlin demonstrieren die Menschen gegen den Staat und für ihre Interessen. Bereits am 1. September 1989, dem Weltfriedenstag, gehen in den kleinen Städten Neuruppin (nördlich von Berlin) und Forst (bei Cottbus) Menschen auf die Straße. Vor allem junge Menschen fordern die Öffnung der Grenzen.
Die Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 gilt als entscheidend für die friedliche Revolution in der DDR. Die Menschen überwanden ihre Angst vor den Unterdrückern, ein Schießbefehl wäre nicht unvorstellbar gewesen. Ungehindert und friedlich zogen mehr als 70.000 Demonstranten über den Innenstadtring bis zur Stasi-Zentrale. Der Staat kapitulierte vor der Übermacht der Bürgerinnen und Bürger.
Im November 1989 überschlagen sich die Ereignisse in der DDR. Unter dem Druck der friedlichen Bürgerbewegung musste die SED immer weiter zurückweichen. Die Diktatur befand sich in einer offenen Krise, von der sie sich nicht mehr erholen sollte.

Die größte Demonstration in der Geschichte der DDR fand am 4. November 1989 auf dem Berliner Alexanderplatz statt, zu der sich über eine halbe Million Menschen friedlich versammelten. In der SED-Spitze und im Sicherheitsapparat begann ein Tauziehen um die Frage, ob man die Demonstration verhindern sollte. Schließlich beschloss die SED-Führung, dass die Demonstration genehmigt werden sollte. Eine zentrale Forderung der Demonstranten war die nach Reisefreiheit.
Die SED reagierte am 6. November 1989 mit einem Entwurf für ein Reisegesetz, welcher auf breite Ablehnung stieß. Unter andauerndem Druck durch Massenflucht und Demonstrationen sowie durch Einwirkung der "SED-Reformer" trat am 7. November 1989 die DDR-Regierung unter Ministerpräsident Willi Stoph zurück. Daraufhin trat am 8. November auch das gesamte Politbüro des Zentralkomitee (ZK) der SED zurück.

In dieser Situation fand am 8. und 9. November 1989 das ZK-Plenum der SED statt. Gleichzeitig wurde ein einfaches und weitgehendes neues Reisegesetz ausgearbeitet und im ZK der SED verlesen. Kaum einer der Anwesenden erkannte die Brisanz dieses Entwurfs.

2. Was passierte am 9. November 1989? Tageschronik

9 Uhr: Im Innenministerium der DDR kommen vier Offiziere zusammen, um eine neue Ausreiseregelung zu entwerfen. Das Politbüro hatte dazu den Auftrag gegeben. Der Rohentwurf, der zwei Tage zuvor von der Sowjetunion abgenickt wurde, sieht nur die ständige Ausreise direkt aus der DDR (über einen Extra-Grenzübergang im Süden) und nicht mehr über Drittstaaten wie die CSSR vor – aber keine Rückkehr in die DDR.
In einem Ministerratsbeschluss regeln die Offiziere das Recht auf Ausreisen. Alle Einschränkungen bei Anträgen auf eine ständige Ausreise aus der DDR sollen wegfallen. Ausreisen sollen nach wie vor beantragt werden müssen. Auf die Initiative von Oberst Gerhard Lauter hin mogelt die Runde einen folgenschweren Passus in den Text hinein: „Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt.“ Im Klartext: Reisefreiheit für alle, geordnet, langfristig und bürokratisch.
Die Verordnung soll bis zum Beschluss eines Reisegesetzes gelten und am Freitag, dem 10. November, 4 Uhr, veröffentlicht werden. Bereits am gleichen Tag sollen alle DDR-Bürger bei den Behörden Visa beantragen können. Das Papier geht direkt an das Zentralkomitee der SED.

Chronik der Mauer: Gerhard Lauter, VP-Oberst, über die Ausarbeitung der Reiseregelung im November 1989 
10 Uhr: Der zweite Beratungstag des SED-Zentralkomitees beginnt. Die Bezirksbasis setzt die 1. Sekretäre Hans-Joachim Böhme in Halle, Werner Walde in Cottbus und Johannes Chemnitzer in Neubrandenburg wieder ab. Auch die langjährige Frauenbeauftragte des SED-Politbüros Inge Lange tritt von ihrem Posten zurück.

12 Uhr: Mitglieder des Politbüros bestätigen in einer Raucherpause des ZK den von den Offizieren erarbeiteten Reiseregelungs-Entwurf. Er wird an den Ministerrat weitergeleitet.

15 Uhr: Im Innenministerium und bei der Staatssicherheit wird an den Durchführungsbestimmungen zur Reiseverordnung gefeilt.

16 Uhr: Generalsekretär Egon Krenz verliest im SED-Zentralkomitee den Reiseregelungs-Entwurf, der ihm nun als Beschlussvorlage des Ministerrates einschließlich Pressemitteilung vorliegt.

17.30 Uhr: Krenz händigt die Ministerrats-Beschlussvorlage und eine dazugehörige Pressemitteilung Günter Schabowski aus. Er ist in diesen Tagen Sprecher des SED-Zentralkomitees.
Günter Schabowski, Foto: Bundesarchiv Bild 183-1982-0504-421 / CC-BY-SA
Um 18 Uhr beginnt die Live-Übertragung der Pressekonferenz mit Günter Schabowski (1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Berlin), in der er über die Ergebnisse der Politbürositzung am Nachmittag informierte.

Um 18:57 kurz vor Ende der Pressekonferenz Uhr fragt der italienische Journalist Riccardo Ehrman nach, ob der Entwurf des Reisegesetzes nicht ein Fehler gewesen sei. Schabowski teilt den erstaunten Journalisten mit, dass ab sofort Westreisen für jedermann möglich sind. Viele DDR-Bürger sehen die Mitteilung im Fernsehen. Die Regelung war ursprünglich als Richtlinie für die ständige Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland (ohne Recht auf Rückkehr) gedacht. Sie sollte den anhaltenden Ausreisestrom über die Tschechoslowakei stoppen.

"Und deshalb haben wir uns dazu entschlossen, heute eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen. ...Also, Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen, Reiseanlässen und Verwandtschaftsverhältnissen beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt...Das tritt nach meiner Kenntnis, ähh, ist das sofort, unverzüglich."

Chronik der Mauer: Audio: RIAS-Reportage über Schabowskis Pressekonferenz
19.04 Uhr: Noch vor den Eilmeldungen der westlichen Nachrichtenagenturen verbreitet ADN die Einzelheiten der von Schabowski zuvor verkündeten, „sofort“ geltenden Reisefreiheit. Die Überschrift ist mit Bedacht neutral gewählt: „DDR-Regierungssprecher zu neuen Reiseregelungen“. Vier Punkte umfasst die 20-Zeilen-Meldung, die ursprünglich erst am Freitagmorgen um 4.00 Uhr auf den Draht gehen sollte.

19.05 Uhr: Diese Sätze schreiben Geschichte. AP verbreitet als Eilmeldung: "DDR öffnet Grenze"; DPA um 19.41 Uhr: "Die DDR-Grenze ... ist offen." Die Agenturmeldungen werden in der Hauptnachrichtenzeit bis 20.15 Uhr zur TOP-Nachricht in Fernsehen und Hörfunk. Die "Tagesschau" meldet "DDR öffnet Grenze".

Youtube Video: Tagesschau vom 9.11.1989 - Der Fall der Mauer

Schon gegen 20.30 Uhr treffen die ersten DDR-Bürger am Grenzübergang Bornholmer Straße ein um zu sehen, was los ist. Der Grenzübergang ist aber weiterhin für DDR-Bürger ohne gültiges Visum geschlossen. Es kommen immer mehr Menschen zum Grenzübergang.

Gegen 21.00 Uhr fordert die Menge die Öffnung der Grenze. Die Situation spitzt sich zu, die diensthabenden Grenzsoldaten haben bisher keinen Befehl zur Öffnung der Grenze erhalten und die Menge vor dem Grenzübergang ruft: "Tor auf! Tor auf". Es spielen sich tumultartige Szenen ab.

Gegen 21.10 Uhr beendet der Bundestag in Bonn aus Anlass der neuen Bestimmungen seine Sitzung mit dem Absingen der Nationalhymne.
22.28 Uhr: In der Spätausgabe der „Aktuellen Kamera“ wird im DDR-Fernsehen ein letzter Versuch gestartet, die Entwicklung zu bremsen. „Auf Anfragen vieler Bürger informieren wir Sie noch einmal über die neue Reiseregelung des Ministerrates“, sagt der Nachrichtensprecher und weist ausdrücklich daraufhin, „dass die Reisen beantragt werden müssen“. Die Abteilungen Pass- und Meldewesen hätten aber „morgen um die gewohnte Zeit geöffnet“ und auch ständige Ausreisen könnten erst erfolgen, „nachdem sie beantragt und genehmigt worden sind“.
Gegen 23 Uhr drängen tausende an der Bornholmer Straße von hinten nach vorn. Am Schlagbaum wird es immer bedrohlicher. Keiner weiß genau, ob es sich nun um ein Gerücht, einen Versprecher oder tatsächlich um eine gültige Entscheidung handelt. Die Grenzsoldaten sind völlig überfordert. Eine halbe Stunde vor Mitternacht entschließen sich einzelne Grenzkommandanten, die Tore einfach zu öffnen. Die Mauer ist gefallen. Auch an anderen Übergängen der innerdeutschen Grenze strömen tausende DDR-Bürger in die Bundesrepublik und werden im Westen begeistert empfangen.
00:00 Uhr: Alle Grenzübergänge in Berlin sind offen.

00.20 Uhr: 30 000 Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) werden in „erhöhte Gefechtsbereitschaft“ versetzt. Da in der Nacht weitere Befehle ausbleiben, stellen die Kommandeure der Grenzregimenter die Maßnahmen auf eigene Verantwortung ein.

Zwischen 1 und 2 Uhr überwinden tausende von West- und Ost-Berlinern die Mauer am Brandenburger Tor. Sie gehen über den Pariser Platz und durch das Tor. Auf der Mauer tanzen die Menschen vor Freude. Der Betonwall bleibt von einigen Tausend Menschen besetzt. Über den ganzen Platz hallt das Klopfen der Mauerspechte. Sie bearbeiten die Mauer auf der Westseite mit Hämmern und Meißeln. Von den Übergängen strömen die Menschen zum Kurfürstendamm, der bis zum frühen Morgen in eine Partymeile verwandelt wird.

2 Uhr: Die Nachrichten von Radio DDR I melden unter Berufung auf das Innenministerium, dass die Grenze "als Übergangsregelung" bis zum nächsten Morgen, 8.00 Uhr, unter Vorlage des Personalausweises passiert werden kann. Die politische und militärische Führungsspitze der DDR tritt in dieser Nacht öffentlich nicht in Erscheinung.

3. Wie ging es nach dem Mauerfall weiter? Ausblick

Foto: Bundesarchiv, Bild 183-1989-1110-041 / Hirschberger, Ralph / CC-BY-SA
Am 10. November 1989 strömten Tausende von Menschen weiter über die Grenzübergänge. Trabis verstopfen die Straßen. Die ganze Nacht und den ganzen Tag feiert Berlin. Bilder der Menschen, die auf der Mauer tanzen, gehen um die Welt. Noch in der Nacht zum 10. November ordnet Berlins Regierender Bürgermeister Walter Momper die Auszahlung eines Begrüßungsgeldes an DDR-Bürger in Höhe von 100 DM durch Banken und Sparkassen an. In langen Schlangen warten die Menschen in Sparkassen, Banken und Ämtern auf die Auszahlung des Begrüßungsgeldes.
Am Nachmittag erklärt der sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse vor der Presse, sein Land betrachte die "Ereignisse in der DDR als eine ureigene Angelegenheit ihrer neuen Führung und ihres Volkes und wünscht ihnen dabei vollen Erfolg". Am frühen Abend sprechen Walter Momper, Hans-Dietrich Genscher, Willy Brandt und Helmut Kohl vor 40.000 Menschen vor dem Schöneberger Rathaus. Momper nennt die Deutschen "jetzt das glücklichste Volk der Welt", Brandt begrüßt die "Landsleute drüben und hüben" und sieht "Europa zusammenwachsen" und Kohl sagt: "Es lebe ein freies deutsches Vaterland, es lebe ein freies einiges Europa."
Ein Jahr später, am 3. Oktober 1990, ist Deutschland nach 45 Jahren der Trennung wieder vereint. Die Rufe der DDR-Bürgerinnen und Bürger nach einem vereinten Deutschland wurden immer lauter. Das SED-Regime kam nicht umhin, sich dem Druck zu beugen. Mit internationaler Hilfe und der Politik der Bundesrepublik sollte Deutschland wieder zusammen wachsen.

Nach 1989 - Der Weg zur Deutschen Einheit

4. Warum wurde die Mauer überhaupt gebaut? Rückblick

Foto: CIA, gemeinfrei
"Ich verstehe Ihre Frage so: Dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer auf zu richten, ja? Eh, mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten." So der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 auf einer Pressekonferenz in Berlin. Am 13. August 1961 begannen die Arbeiten am Mauerbau.
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